Seit vielen Jahren arbeitet der japanische Künstler Susumu Shingu mit Wind und Wasser. Die Skulpturen des heute 75jährigen geben den verborgenen Energien dieser Elemente Gestalt und eröffnen uns neue Sichtweisen. Der Dialog mit der Natur, aus dem sie entstehen, setzt sich beim Betrachter fort. Der Wind, der die Skulpturen bewegt, ist der gleiche, den auch wir spüren. Sie lassen sich von ihm tragen, nehmen ihn auf, verändern sich auf immer neue Weise und lassen ihn weiterziehen. Susumu Shingu selbst scheint dieses Prinzip mit großer Freude zu leben, er staunt, genießt und hat sich auch mit 75 Jahren die Phantasie und Neugier bewahrt, die ihn als Kind schon abenteuerliche Fluggeräte bauen ließ.
Große Architekten wie Renzo Piano, mit dem Susumu eine lange Freundschaft und Zusammenarbeit verbindet, lassen ihre Bauten gerne von seinen Skulpturen beleben – der Flughafen von Kansai ist ein berühmtes Beispiel dafür. Weltweit lassen seine Werke im öffentlichen Raum die Passanten innehalten, in Genua ist Susumus Skulptur zum 500jährigen Jubiläum von Kolumbus Amerika-Fahrt längst zum Wahrzeichen geworden. Choreographen schätzen seine Bühnenbilder, Kinder mögen seine meisterlich gemalten, phantasievollen Bücher. Man könnte ihn als einen Menschen der Renaissance beschreiben, ganz der Vielfalt, dem Streben nach Vervollkommnung, dem Wunder des Lebens und dem Respekt vor den Menschen und der Umwelt verpflichtet.
Die Sorge um den Zustand unseres Planeten und der tiefe Wunsch, dass die Menschen wieder andere Lebensprinzipien entdecken, haben Susumu Shingu auf die Reise zu einem neuen Ziel geschickt: „Breathing Earth“, ein Dorf, das aus den natürlichen Energiequellen von Wind und Sonne versorgt wird, ein Ort der Inspiration und Begegnung, getragen von einer Philosophie der Achtsamkeit. Gemeinsam mit seiner Frau Yasuko ist er unterwegs, um einen Ort für die Verwirklichung seines Traums zu finden und Sponsoren und Partner davon zu überzeugen, welchen Beitrag die Kunst für die Entwicklung eines gesünderen Umgangs mit unserem Planeten liefern kann.
Die Reisen führen ins süditalienische Matera, auf die windigen Abraumhalden des Ruhrgebiets, auf eine kleine Insel vor Istanbul. Susumu macht Station in Paris zu einer Ausstellung seiner Werke; in Mexiko lässt er sich von den Monarchen-Schmetterlingen zur Arbeit an einem neuen Kinderbuch inspirieren; beim Flötenbauer in Japan spürt er der Verbindung von Wind und Musik nach. Seine Basis hat er im japanischen Sanda; hier lebt und arbeitet er, umgeben von immer neu inspirierender Natur und unzähligen kleinen und großen Skulpturen. Hier entwickelt er das Modell seiner horizontal rotierenden, lautlosen Windrädern weiter und stößt Projekte wie das „Atelier in den Reisfeldern“ an, das die Idee von „Breathing Earth“ aufgreift und auf eigene Weise umsetzt.
„Bei Breathing Earth“, sagt Susumu Shingu, „geht es weniger um ein Gebäude oder ein Dorf. Wichtig ist das, was wir machen. Breathing Earth, das sind unsere Handlungen, unser Geist.“
Riedelsheimer zeigt hier den Künstler als einen bescheidenen, eher introvertierten und behutsam wirkenden Mann, der sich für seine Projekte mit einer beeindruckenden Energie einsetzt. Ständig begleitet von seiner Lebenspartnerin begibt er sich auf eine Reise um die Welt, immer auf der Spur von Wind und Wasser. In verschiedenen Ländern versucht er sein Projekt „Breathing Earth“ zu verwirklichen, das eine Art utopischer Idealort ist, in dem Natur und Kunst ineinander aufgehen. (..) Von Rückschlägen lässt sich Shingu nicht entmutigen, und tatsächlich sind es seine zielstrebige Gelassenheit und die Freude, mit der er jeden einzelnen Moment bis ins Letzte auszuschöpfen scheint, die dem Film solch eine positive Grundstimmung geben. Diese wird durch die kontemplative und organische Musik des Klangkünstlers Stephan Micus kongenial ergänzt.
Vielleicht ist die Kunst von Susumu Shingu ja zu flüchtig, um in die feste Form eines Gebäudekomplexes gegossen zu werden. Dann käme dieser Film wohl seinem Traum am nächsten.“